Haddeby


plattdeutsch: Harby

dänisch: Haddeby, Hedeby

 

Eine Gemeinde Haddeby als Gebietskörperschaft gibt es nicht. Der Name ist vielmehr auf den historischen Ort Haithabu zurückzuführen, der zur Gemeinde DE-24866 Busdorf gehört. Busdorf wiederum ist Sitz des Amtes Haddeby im Kreis Schleswig-Flensburg. Die Kirchengemeinde Haddeby, deren Zentrum die knapp eineinhalb Kilometer nordöstlich Busdorfs und einen Kilometer nördlich Haithabus gelegene historische Sankt-Andreas-Kirche ist, hat dagegen ihren Sitz in der Gemeinde DE-24857 Fahrdorf.

 

Lage: 54°30'01.40"N, 9°34'12.00"E (St.-Andreas-Kirche), Karte:

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Familienforschung

Kirchenbücher (i.d.R. nur vor 1876): Haddeby ist eine eigenständige Kirchengemeinde und gehört innerhalb der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche zum Kirchenkreis Schleswig-Flensburg (vor der Kirchenkreisfusion Kirchenkreis Schleswig). Das zuständige Kirchenbuchamt ist das Bereichsarchiv Schleswig - Kirchenbuchamt - in Kappeln/Schlei.
Näheres hierzu und zu standesamtlichen Urkunden (ab 01.01.1876) siehe Erläuterungen, Quellen, Verweise.

Ortschronik: Es soll Ortschroniken für Busdorf und Haddeby geben (Quelle: extern> Deutsche Genealogie: Schleswig-Holstein, Stand 1992).

 

Aus der Ortsgeschichte

Nennungen: Laur 1): 13. Jh. Hadæboth, 1285 Haddebooth, 1354 in Haddebo, 1412 in Haddebu; Jensen 2): Haddebye; Lesser 3): "Haddebye (vormals Haitby, Haddeby, Haddeboth, Hethäbye)".

 

Der Ort, auf den sich der heutige Name Haddeby ursächlich bezieht, ist das heute nur noch als Wüstung innerhalb eines Halbkreiswalls existierende Haithabu am Haddebyer Noor.

 

Haithabu

Der Name Haithabu findet sich auf dort um das Jahr 1000 aufgestellten Runensteinen und auch in alten Urkunden: 9. Jahrhundert Heithum, 10. Jahrhundert Haithaby und Haithabu. Laur 1a) deutet den Namen als eine Bildung aus dem altdänischen Wort für 'Heide' und '-by' = Dorf, also etwa 'Dorf in der Heide'. Die Geschichte Haithabus begann in der Mitte des 8. Jahrhunderts, als friesische Händler an der Schlei einen Warenumschlagplatz (altfriesisch 'wîc', Handelsplatz, Wohnstätte) gründeten. Den frühen Einwohnern diente bei Gefahr vermutlich die wenig nördlich gelegene Höhenburg als Zufluchtsstätte. Die Schlei war damals noch von Osten bis hierhin schiffbar, der Landweg nach Westen bis zum nächsten Hafen an der Treene in Hollingstedt, über den die Nordsee erreicht werden konnte, war kurz, und die Nord-Süd-Verbindung stellte der nahe Ochsenweg her. Haithabu entwickelte sich dank seiner günstigen Lage an dieser Handelswegkreuzung zu dem bedeutendsten Handelszentrum im nördlichen Europa mit bis zu 1500 Einwohnern. Es vermittelte zwischen dem Fränkischen Reich, Skandinavien und dem Baltikum und darüber hinaus. In den Fränkischen Reichsannalen wird Haithabu 804 'Sliesthorp', das Dorf an der Schlei, genannt, für das 9. Jahrhundert ist die Bezeichnung 'Sliaswisch' und für den Anfang des 11. Jahrhunderts 'Sleswic' belegt (Laur 1a), nach seiner Deutung aus altsächsisch 'slia' = die Schlei und altsächsisch 'wîk' = Handelsplatz, Dorf). Um 850, etwa zwanzig Jahre nach Gründung des Erzbistums Hamburg und wohl von diesem ausgehend, wurde die erste christliche, Missionszwecken dienende Kirche errichtet. Um 900 fiel das bis dahin dänische Haithabu an schwedische Wikinger, 934 wurde es durch den deutschen König Heinrich I. erobert und 948 unter König Otto I. Bischofssitz. 983 erhob sich der dänische König Harald Blauzahn gegen das Heilige Römische Reich, das dadurch seinen Einfluss auf Haithabu verlor. In diesem 10. Jahrhundert wurde der sechs bis zehn Meter hohe und mit drei Toren versehene Halbkreiswall aufgeschüttet. 1035 gab Kaiser Konrad II. anlässlich der Vermählung seines Sohnes Heinrich (III.) mit Gunhilde, der Tochter Knuts des Großen, König von Dänemark, Norwegen und England, Haithabu zusammen mit der 'Mark Schleswig' formell an Dänemark zurück. 1050 wurde Haithabu bei einer Schlacht zwischen dem dänischen König Sven Estridsson (Sweyn II.) und dem norwegischen König Harald III. zerstört. Die nur teilweise wiederaufgebaute Stadt wurde 1066 letztmalig, dieses Mal durch Slawen, überfallen und daraufhin aufgegeben. Das Handelszentrum zog als 'Slésvík' (Nennung des 12. Jahrhunderts, Laur 1a)) an das Nordufer der Schlei um. Seine überregionale Bedeutung für den Handel konnte Schleswig allerdings nur noch bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts bewahren, dann verlor es sie nach und nach an das aufstrebende Lübeck. 4)

 

Haddeby

Der Name des aufgegebenen Ortes Haithabu war noch über Jahrhunderte eine zweite Bezeichnung Schleswigs, das z. B. 1283 Hetheby genannt wird (Laur 1a)). Vermutlich entstand aber bald nach der Aufgabe Haithabus nur knapp einen Kilometer nordöstlich am Südufer der Schlei gegenüber Schleswigs eine neue bescheidene Ansiedlung, auf die sich wohl der erstmals im 13. Jahrhundert bezeugte Name Haddaeboth (1412 Haddebu, später zu Haddeby umgeformt) bezieht. Laur 1a) deutet ihn als eine altfriesische/altdänische Wortbildung mit der Bedeutung 'Buden von Hedeby'. Es ist denkbar, dass unter diesen 'Buden' eine Fähr- und Marktstelle verstanden wurde, die die Verbindung zu dem neuen Handelszentrum Schleswig herstellte, und offenbar war sie bedeutend und die Bevölkerung in der Umgebung des zerstörten Haithabus noch zahlreich genug, dass Anlass bestand, in ihrer Nähe, gegen 1200, auf freier Fläche die Sankt-Andreas-Kirche zu erbauen. Sie steht, Untersuchungen zufolge, nicht auf den Fundamenten der ersten Haithabuer Kirche und besaß ursprünglich einen runden Wehrturm. Vielleicht wäre sie heute von einem Kirchdorf umgeben, hätte sich nicht das 1157 zum zweiten Mal gegründete und 1226 zur freien Reichsstadt aufgestiegene Lübeck nach dem Ende der dänischen Vorherrschaft im norddeutschen Raum (Schlacht bei Bornhöved 1227) zum dominierenden Handelszentrum an der Ostsee aufgeschwungen; aber das ist spekulativ. Tatsächlich jedoch existiert kein Dorf namens Haddeby. Und die Sankt-Andreas-Kirche blieb nur das Zentrum eines Kirchspiels rund um das Haddebyer und das Selker Noor.

 

Die Westwand der einschiffigen spätromanischen Feldsteinkirche St. Andreas wurde 1846 erneuert, das westliche Vorhaus stammt aus dem Jahr 1834, die Sakristei aus 1913. Altar 2. Viertel des 15. Jahrhunderts, Taufe spätromanisch (Import aus Gotland), Kanzel Anfang  des 17. Jahrhunderts (weitgehend erneuert), Kreuzgruppe 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. 5)

 

Jensen 2) zählt das Kirchspiel Haddeby zur Propstei Gottorf und unterteilt es wie folgt:

Zur A(h)rensharde im Amt Gottorf rechnet er Busdorf (bei ihm Bustorf, hier Schule des Küsters mit 90 Kindern), Groß-Dannewerk und Klein -Dannewerk (zwischen den beiden Dörfern Schule mit 60 Kindern), Kurburg und Ober-Selk mit insgesamt (1840) 836 Einwohnern.

Zu den Besitzungen des St.-Johannis-Klosters rechnet er Altmühl, Borgwedel (Schule mit 80 bis 90 Kindern), einen Teil des Dorfes Esprehm (bei ihm Esperehm), Fahrdorf (Schule mit 50 bis 60 Kindern), Geltorf (Schule mit 60 Kindern), Jagel (Schule mit 45 Kindern), Loopstedt, Lottorf (Nebenschule mit etwa 15 Kindern), Nieder-Selk, Stexwig (bei ihm Steckswieg) und Wedelspang mit insgesamt (1840) 1242 Einwohnern.

Zur Hüttenharde im Amt Hütten rechnet er den größten Teil des Dorfes Esprehm (bei ihm Esperehm), Güby (bei ihm Gübye, ausgesprochen Güv) und Wulfskrug (wohl das heutige Wolfskrug) mit 1803 180 Personen, 1835 194 Personen und 1840 191 Personen in 39 Familien.

Die Einwohnerzahl des Kirchspiels gibt er somit mit (1840) 2269 Einwohnern an.

 

Lesser 3) zählt die Haddebyer Kirche administrativ zur Arensharde im Amt Gottorf. In neueren Zeiten seien in der Nähe der Kirche ein Wirtshaus und eine Ziegelei angelegt worden, bis dahin habe sie "ganz einsam auf dem Felde" gestanden. Als eingepfarrt nennt er Altmühl, Borgwedel (Distriktschule, ein Hof namens Osterlieth), Busdorf (bei ihm Bustorf; Distriktschule und außerhalb ein Wirtshaus), Groß-Dannewerk (bei ihm -Danewerk; Distriktschule, außerhalb die Krugstelle Rothekrug), Klein -Dan(n)ewerk, Esprehm (bei ihm Esperehm), Fahrdorf (vormals Wagerdorf, Wirts- und Fährhaus an der Schlei, außerhalb Landstellen namens "dat Schlott", eine Schule erwähnt er nicht), Geltorf (Distriktschule, ein Ausbau namens Neukoppel), Güby (bei ihm Gübye, Gubye), Jagel (vormals Dyavele, Distriktschule, außerhalb das Wirtshaus Klosterkrug), Kurburg, Loopstedt (dort Schmiede namens Kirchberg, südlich des Dorfes eine Halbhufe namens Lund), Lottorf (Schule und außerhalb das Wirtshaus Hahnenkrug), Ober- und Nieder-Selk, Stexwig, Wedelspang und ein Wulfskrug (wohl das heutige Wolfskrug) mit insgesamt 123 zu den Ämtern Gottorf und Hütten zählenden Häusern, in denen 466 Familien mit 2386 Personen lebten.

 

Haddeby war am 01.12.1910 - naturgemäß - keine gezählte Gemeinde. Busdorf hatte damals 625 und Fahrdorf 391 Einwohner.

 

Verwechslungsmöglichkeiten, Orte gleichen oder ähnlichen Namens

Internetrecherche: Ein Hedeby findet sich in Dänemark, Haddeby ist irrtümlich mit Haby verwechselbar.

 

Ortsverzeichnisse, Schleswig-Holstein: Die bei Laur 1), Lesser 3) und von Schröder 6) aufgelisteten sonstigen Orte, deren Namen mit Had- beginnen, haben keinen Bezug zu Haddeby.

 

 

Quellen und Literatur

1) Wolfgang Laur, Historisches Ortsnamenlexikon von Schleswig-Holstein. Gottorfer Schriften VIII der Arbeitsgemeinschaft für Landes- und Volkstumsforschung Schleswig, Schleswig 1967

1a) Wolfgang Laur, Historisches Ortsnamenlexikon von Schleswig-Holstein, veränderte und erweiterte Auflage. Band 28 der Veröffentlichungen des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs, Neumünster 1992

2) Hans Nicolai Andreas Jensen, Versuch einer kirchlichen Statistik des Herzogthums Schleswig, Band 3, Flensburg 1841

3) Wilhelm Lesser, Topographie des Herzogthums Schleswig, Band 1, Kiel 1853

4) Siehe hierzu auch: Matthias Toplak, Die Entwicklung des Handelsplatzes Haithabu in archäologischen und historischen Quellen, Studienarbeit, und Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Band 13, von Johannes Hoops, Berlin 1999

5) Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1982

6) Johannes von Schröder, Topographie des Herzogthums Holstein, des Fürstenthums Lübek und der freien und Hanse-Städte Hamburg und Lübek, Oldenburg (in Holstein), Band 1, 1841